Bevor ich mit meinem Geburtsbericht beginne, möchte ich vorweg noch etwas dazu sagen. Solch ein Bericht über dieses so persönliche, intime Erlebnis, der Geburt eines Kindes, gab es hier ganz bewusst noch nie. Da wir uns dieses Mal aber für diese ganz besondere Hausgeburt entschieden haben und ich sie als so viel schöner empfand, möchte ich euch unbedingt teilhaben lassen. Einfach, um mitzuteilen, wie normal und wie wunderbar es ist, zu Hause sein Baby zu bekommen. Ich habe bewusst nicht jedes Detail beschrieben. Alles, was ich also preisgeben möchte, ist im folgenden Text erwähnt. Nun aber viel Freude und hoffentlich etwas Gänsehaut beim Lesen meiner Zeilen. Für uns ist dieser Beitrag eine ganz tolle Erinnerung an diesen so unvergesslichen Tag bzw. an diese eine so besondere Nacht.
Es ist der 11.August 2017– 5 Tage nach dem voraussichtlichen Entbindungstermin kommt unsere liebe Hebamme wieder einmal zur Vorsorge zu uns nach Hause. Sie schreibt ein CTG, welches mein Gefühl bestätigt, dass es unserem kleinen Sommerjungen ausgezeichnet geht.
Es ist Freitagvormittag. Die Mädchen spielen im Zimmer der Großen Planmobil. Für sie sind die Hebammenbesuche inzwischen schon langweilige Routine geworden. Auch der Papa, der schon gar nicht mehr mit dem Auszug seines ersten Sohnes rechnet, wühlt im Obergeschoss des Hauses herum und macht Ordnung. Meine Hebamme und ich plaudern noch etwas, ich bekomme einige Globulis und wir verabreden uns erneut für Sonntag. Irgendwie gehen wir alle davon aus, dass ich auch in der darauffolgenden Woche noch mit meinem Babybauch herumlaufen werde.
Wir beschließen spontan, uns gegen Mittag direkt auf den Weg nach Rostock zu machen. Zu Hause sitzen und auf das Baby warten, lässt die Tage nur noch langsamer vergehen, so dass wir also die letzten 2 Wochen nahezu täglich etwas Schönes zusammen unternommen haben.
In Rostock wartet die Hanse Sail, ein maritimes Volksfest. Bei gefühlt herbstlichen Temperaturen lässt es die Herzen beider Mädchen höher schlagen. Mutzen, Zuckerwatte und Kinderkarussells so weit das Auge reicht. Wir verbringen also die nächsten Stunden auf der glücklicherweise nicht überfüllten Veranstaltung. Zwischendrin sitzen wir mal und essen oder trinken etwas, grundsätzlich waren wir aber schon sehr lange auf den Beinen. Ich habe ständig einen harten Bauch, nichts Neues. Es sind Übungswehen, die mich seit Wochen täglich begleiten.
Gegen 17:30 Uhr machen wir uns auf den Weg nach Hause. Als Abschlusshighlight bekommen die Schwestern noch ihren Wunsch nach einem Heliumballon erfüllt. So schiebe ich also die kleine Schwester bergauf in Richtung Tiefgarage. Am Buggy fliegt ein fest gebundener „Mascha und der Bär-Ballon“, Papa und die Große laufen neben uns mit einem noch wesentlich größeren Ballon.
Nachdem alles verladen und alle Kinder an ihrem Platz sind, fahren wir los in Richtung Heimat. Im Auto spüre ich ziemlich schnell, dass die vermeidlichen Übungswehen unangenehmer werden und huch, irgendwie auch regelmäßig. Ich schaue ab und an auf die Uhr und erzähle meinem Mann, dass ich alle 7, 8 Minuten ganz leichte Wehen verspüre. Er ist wie immer tiefenentspannt, so dass auch ich es irgendwie nicht wirklich ernst nehmen kann. Ich meine, wenn es tatsächlich losgeht, werde ich es kaum verpassen.
Auf der einstündigen Heimfahrt beschließen wir dann, Abendessen aus einem griechischen Restaurant mitzunehmen. Gesagt, getan. So sitzen wir also kurz nach 19 Uhr auf der heimischen Couch und essen gemeinsam. Die Wehen sind nach wie vor da, so dass ich mir vornehme, am späten Abend ein Bad zu nehmen. Aber erst sollen die Mädels schlafen. Da sich unsere Familie im Urlaubs-/Ferienmodus befindet, ist mir bewusst, dass es spät werden wird. So liege ich also erst gegen 22:30 Uhr in der Badewanne. Beide Kinder schlafen und auch der Papa ist schon kurz davor, sich in den Tiefschlaf zu verabschieden.
Ich bin irgendwie innerlich so ruhig, dass ich auch gar nicht mehr so wirklich auf die Abstände achte. Die Wehen sind weiterhin sehr leicht, aber sie kommen eben immer wieder. Ich bleibe wohl 10-15 Minuten in der Badewanne und lege mich anschließend ins Bett. Zu diesem Zeitpunkt bin ich unsicher, ob es wirklich losgehen wird, dabei wünsche ich es mir so sehr.
Mein Mann schläft dann doch erst kurz vor Mitternacht ein und ich spüre etwa 30 Minuten nach dem Bad, dass die Wehen nun vereinzelnd doch stärker werden. Ich erinnere mich an die Worte meiner Hebamme und versuche ebenfalls, noch mal einzuschlafen, um Kräfte zu sammeln. Dies gelingt mir kurz nach meinem Mann, also kurz nach null Uhr.
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Um 1:40 Uhr werde ich von einer schmerzhaften Wehe geweckt. Nun gibt es für mich keine Zweifel mehr. Ich weiß, dass wir ganz bald unseren Löwenjungen im Arm halten werden. Er hat sich also tatsächlich dazu entschlossen, sich nun auf den Weg zu uns zu machen.
Ich schleiche mich leise aus dem Schlafzimmer und lege alles auf die Treppe, was ich für unsere geplante Hausgeburt bereits rausgesucht hatte. (... u.a. ein paar Handtücher, Wickelunterlagen etc.)
Ich muss an dieser Stelle mal einschieben, dass eine Haugeburt noch bei meiner zweiten Tochter für mich niemals in Frage gekommen wäre. Obwohl ich damals schon dieselbe Hebamme hatte, war es gedanklich ausgeschlossen. Es war so absurd, irgendwie ganz weit weg und auf gewisse Art und Weise auch richtig komisch. Ich kann also vollkommen verstehen, wenn man diesen Komplex als fremd oder gar kurios empfindet, da es mir jahrelang genauso ging. Lässt man sich jedoch darauf ein, versteht und erkennt Beweggründe, ist es plötzlich vollkommen absurd, bei einer komplikationslosen Schwangerschaft in ein Krankenhaus zu fahren, um sein Kind zu gebären. So geht es mir jedenfalls heute. Ich finde es sehr schade, nicht schon früher diese Gedankengänge gehabt zu haben.
Zurück zur Nacht, in der ich gegen 2:00 Uhr alle 5 Minuten eine schmerzhafte Wehe wahrnehme. Die Wehen sind zweifelsohne unangenehm, aber noch immer absolut erträglich und lassen mich weiterhin alles vorbereiten. Für viele klingt das nun vermutlich absurd, aber ich hatte mir für die Geburt kein altes, weites Shirt o.Ä. herausgesucht, sondern ein schwarzes von mir geliebtes Jerseykleid, hübsch und gemütlich zugleich. Ich wusste einige Tage zuvor sofort, dass es dieses Kleid sein soll, als ich einen Blick in meinen Kleiderschrank warf. Ich muss gerade selbst so schmunzeln, da ich andere für solch ein Verhalten vor zwei Jahren noch belächelt hätte. Aber es fühlt sich nun absolut richtig an. Der Gedanke, nächsten Sommer in dieses Kleid zu schlüpfen und an diesen einen wundervollen Moment erinnert zu werden, ist in meinen Augen einfach zu schön. Ja, auf diesen Moment freue ich mich schon jetzt, wenngleich er sicher auch von Wehmut begleitet sein wird.
Angst vor der Geburt habe ich an diesem Abend bzw. in der Nacht zu keinem Zeitpunkt. Kurz nach 2:00 Uhr wecke ich meinen Mann. Er sagte im Nachhinein, dass er beim Aufstehen noch immer nicht so wirklich an eine bevorstehende Geburt glaubte.
Ich hatte mir im Vorwege so viele Gedanken gemacht, wo genau ich im Haus wohl mein Kind auf die Welt bringen möchte, manchmal viel zu viele. Denn alles kam genau, wie meine Hebamme es vorhersagte. Es fügt und findet sich einfach. Man muss gar nicht viel „planen“ vorher, eine Geburt ist einfach nicht planbar. Unter der Geburt ändert sich so vieles. Wünsche und Vorstellungen, die man während der Schwangerschaft hatte, können komplett verschwunden sein, weil sie sich einfach nicht mehr richtig anfühlen.
Wir machen uns noch kurz frisch, nehmen alles an uns, was ich parat gelegt habe und gehen nach unten in unser Wohnzimmer. Dort schalten wir ein gemütliches Licht und sogar noch den Fernseher ein. Die Abstände der Wehen liegen um kurz vor halb drei nur noch bei 3-4 Minuten. Der Schmerz wird stärker, so dass mein Mann mir in jeder Wehe den unteren Bereich im Rücken massiert. Das hilft ungemein. Ich laufe im Wohnzimmer auf und ab. Kommt eine Wehe, stütze ich mich auf einem Regal ab und konzentriere mich auf meine Atmung. Dabei bin ich absolut still, nur das Ausatmen ist minimal zu hören. Kurz vor 3:00 Uhr sage ich meinem Mann, dass ich wohl in Kürze die Hebamme anrufen werde. Aber irgendwie empfinde ich die Wehe als nicht schmerzhaft genug im Vergleich zu beiden Geburten davor, auch wenn das jetzt komisch klingt. Daher ziehe ich es auch in Betracht, dass die Hebamme kommt und sich am Befund wenig bis gar nichts getan hat. Sprich, dass der Muttermund wenig bis gar nicht geöffnet ist. Ich bin mir unsicher, was das betrifft. Als der Abstand zwischen den Wehen um kurz nach drei dann nur noch bei 2-3 Minuten liegt, rufe ich meine Hebamme an und bitte sie, zu uns zu kommen.
Fortsetzung folgt...